Mainstreaming

Ich lese täglich die Zeitung und höre am Radio Nachrichten und Kommentare. Sehr vieles, was man dabei vernimmt, gehört zur Kategorie des Mainstreamings. Beispiele:

Politiker äussern sich zu bevorstehenden Massnahmen und betonen, dass man das  g e m e i n s a m  machen müsse. Immer gemeinsam. Das Wort ist in der Politik so allgegenwärtig, dass man darauf verzichten könnte. 

Medien haben andere Lieblingswörter. Zum Beispiel wollen sie politische Entscheide umgesetzt sehen, und das formulieren sie so: Man muss diese und jene Bürger in die Pflicht nehmen – meistens die Wirtschaft -, die Zügel anziehen. Man stellt sich Pferde oder Esel vor.

Strenge Gesetze müssen her, strenge Vorschriften, strenge Verbote, strenge Massnahmen, strenge Kontrollen.

Fast täglich wird gewarnt, man schlägt Alarm. Jüngst haben Velohändler vor Lieferengpässen bei Fahrrädern gewarnt - mitten im Winter -, zum Alarmschlagen hat’s noch nicht gereicht. Doch eine Sonntagszeitung brachte diese Branchen-Werbung auf der Titelseite.

Beliebt sind auch Protestierer. Aktivisten protestieren; Andersdenkende sind Leugner oder schlimmeres.

Man warnt vor sozialer Spaltung, fordert mehr soziale Gerechtigkeit.

Gleichberechtigung fehlt allenthalben – es muss mehr Gleichberechtigung her, vor allem für Frauen. Gleichberechtigung für Frauen gibt’s nirgends.

Arme werden immer ärmer, Reiche immer reicher. Arme sind unverschuldet arm, Reiche unverdient reich.

Pflegekräfte sind immer überfordert und unterbezahlt – auch wenn sie in Kurzarbeit sind, wie in der ersten Coronawelle – Ärzte sind hingegen immer nur überlastet.

Konzerne sind mächtig und handeln unverantwortlich, denken nur an Profit

Eine NGO kritisiert irgendetwas, fast täglich, und sie macht Werbung für sich selbst. Es gibt in unserem kleinen Land hunderte von NGOs, die meisten sind intransparent, woher das Geld kommt und wie es verwendete wird, weiss man nicht, gewählt wurden sie auch nicht, von niemandem. Sie wählen sich selbst. Und sie sind die grossen Helfer, die Guten, haben immer Recht, wissen es besser, kontrollieren die Welt. Die Medien spielen das Spiel der NGOs mit.

Klimakrise darf in keiner Tageszeitung fehlen. Irgendeine Institution hat dazu immer etwas vermeintlich Neues zu sagen, und wenn’s dabei in den journalistischen Mainstream passt, so ist es eine renommierte Institution oder Person, die das sagt, obwohl sie fast niemand kennt.

Solche Mainstream-Inhalte von Zeitungen kann man überblättern. Das Radio hat Um- und Ausschalter.

Und doch ist Mainstream-Sprache ein Ausdruck von Zeitgeist. Unser Zeitgeist entfernt sich offenkundig von individueller Freiheit, will staatlichen Zwang, hält nicht mehr viel von individueller Leistung, schätzt stattdessen schreiende Aktivisten, lebt in virtuellen Welten und pflegt dort das verstaubte geistige Inventar.