Pizza Connection 2.0

Die NZZ berichtet am 20. September 2019, im Genfer Quartier Les Pâquis seien in den letzten Jahren über 60 sogenannte «dépanneur»-Läden entstanden, die rund um die Uhr geöffnet sind. Sie sollen einem aus der Patsche helfen, auch nachts, mit Kioskartikeln wie Getränke, Snacks und Tabakwaren, manchmal zusätzlich mit Gemüsen und Früchten. Soweit so gut. Doch diese Ladenbesitzer haben gemäss NZZ einen erheblichen Reichtum generiert, ihr Geschäftsmodell sei wesentlich rentabler als jenes der traditionellen Detailhändler. Sie bezahlen für Geschäftslokale Summen, mit denen die traditionellen Gewerbetreibenden nicht annähernd mithalten können. Geldwäsche wird deshalb vermutet, und ein Projektteam bestehend aus zwei Staatsanwälten mit drei Polizisten hätten einige Zeit versucht, solches Tun nachzuweisen – mit sehr wenig Erfolg.

Und doch ist es mutmasslich ein klassischer Fall von Geldwäscherei. Die Pizza Connection der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts lässt grüssen. Ein Ableger dieser US-Organisation führte in die Schweiz, u.a. zu einer Finanzfirma namens FinagestCarla Del Ponte als damalige Bundesanwältin nahm sich des Falles an – und liess die Beschuldigten wegen anderer Finanzdelikte einsperren. Die New Yorker-Gerichtsakten zu den jahrelangen Prozessen waren sehr umfangreich, evt. zu umfangreich für die Schweizer Justiz.

Einer der Finagest-Verantwortlichen lebt heute – nach Absitzen der Gefängnisstrafe - auf grossem Fuss in Italien, wie man im Internet sehen kann.

Wie funktioniert das Geldwaschen mit Pizza- und ähnlichen Betrieben? Nun, es fliesst mehr Bargeld in die Geschäfte, als mit Waren und Dienstleistungen erwirtschaftet wird – viel mehr, nämlich Schwarzgeld. Um die Buchhaltung in Ordnung zu halten, wird Ware im Kreis herum bei anderen, ähnlich gelagerten und entsprechend involvierten Geschäften eingekauft und verbucht. Es entsteht so ein schöner Gewinn, der offen ausgewiesen wird. Die Steuerbehörden haben ihre Freude daran, die Mitarbeiter werden gut bezahlt, alle sind zufrieden. Ohne Whistleblower kommt man wohl nicht hinter die Betrugs-Masche. Aber Whistleblower haben ein kurzes Leben – wie man im faktenreichen Prozessbericht-Buch «The Pizza Connection – Lawyers, Drugs and The Mafia» von Shana Alexander (Verlag Weidenfeld & Nicolson, NY 1988) lesen kann. Gian Trepp hat den Schweizer Teil der Geschichte unter dem Titel «Swiss Connection» im Unionsverlag publiziert.